Getragen durch das vergangene Jahr

Am 01.09.2020 hatte der erste Zyklus der Induktionstherapie begonnen. Das war der Beginn einer Behandlungsreihe die vorerst bis 26.05.2024 geplant ist. Ich durfte eine Therapie starten, die zum Ziel hat das Multiple Myelom soweit wie möglich zurückzudrängen.

Vielen Dank für die vielen Nachrichten, Gebete, mutmachenden Lieder, Bilder oder Anrufe in den vergangenen Monaten. Wir wissen es zu schätzen, dass ihr alle so für uns da gewesen seid und noch immer da seid.

‚Alle gerieten außer sich, lobten Gott und sagten voller Furcht: „Unglaubliches haben wir heute gesehen.“‚

Lukas 5:26

Ich bin gerade in der Erhaltungstherapie. Das ist die Phase, die sich bei mir direkt nach der mittelmäßig erfolgreichen Chemotherapie angeschlossen hat. Ich wurde in den Studienzweig mit der Gabe von Antikörpern randomisiert. Das bedeutet, dass ich zusätzlich zur Chemotherapie noch Infusionen mit Antikörpern bekomme.

Mir geht es derzeit relativ gut. Ich habe mich nach der Chemotherapie wieder gut erholt und habe nur noch kleinere Schwierigkeiten. Körperlich und geistig bin ich fit. Ich habe im Juli angefangen zu arbeiten. Ich kann mich aber noch nicht die gesamte Zeit konzentrieren. Das fällt mir einfach zu schwer. Nach ein paar Stunden ist die Luft raus. Dank der Wiedereingliederung funktioniert es aber relativ gut, wieder voll in den Beruf zu kommen.

Im Juni etwa habe ich angefangen über die Zeit der Chemotherapie und den recht harten Krankenhausaufenthalt nachzudenken. Das war schon alles ziemlich krass und verrückt. Es stimmt nicht, dass eine Chemotherapie gut verträglich ist, zumindest nicht bei mir. Mir ging es richtig dreckig und es gab auch Momente an denen ich gar nicht mehr wollte. Nach genau drei Wochen wurde ich aus der Klinik in Tübingen mit dem Wort ‚Tschüss‘ entlassen. Auf der Onkologie sagt keiner zu den Patienten auf wiedersehen. Mein behandelnder Arzt sagte mir zum Abschied, dass er jetzt nichts mehr tun könne und alles was ich jetzt noch bräuchte gibt es auch zu Hause. Was ich ziemlich überwältigend fand, war, wie schnell es mit den richtigen Medikamenten eigentlich bergauf ging. Vier Tage vor meiner Entlassung war an die Entlassung überhaupt nicht zu denken. Ich hatte noch so viel Wasser eingelagert und vom Essen blieb auch nichts drin. Davon abgesehen hatte mir auch nichts geschmeckt, nicht mal Spaghetti Bolognese oder Schokopudding. Ich war wirklich krank. Aber ich habe es mit Gottes Hilfe geschafft. Ich lebe! Gott sei Dank.

Ich habe aktuell noch einen kleineren Berg an Medikamenten und Spritzen vor mir. Einmal im Monat fahre ich jetzt nach Tübingen um mir meine Infusion mit Antikörpern abzuholen. Ich vertrage die aber ziemlich gut und kann in der Regel auch direkt danach wieder nach Hause. Wobei ‚direkt danach wieder nach Hause‘ jetzt etwas schnell klingt. Eine Gabe dauert so circa 3 Stunden.

Keiner weiß, wie lange er noch zu leben hat, ich auch nicht und das macht mich ruhig. Ich mache jetzt diese Therapie mit und versuche jeden Tag neu zu genießen und dankbar zu sein. Dankbar bin ich über die Familie und Freunde die uns und mich hier in dieser Situation tragen und unterstützen. Ich bin froh, dass der Herr Jesus für mich am Kreuz gestorben ist und auch diesen Krebs bereits besiegt hat. Mir kann also nichts mehr passieren.